August Kohlmann

- Ein Bremervörder Bürger -

 

*1818 † 1875

Vortrag des damaligen Novizen und heutigem Bruders Jürgen Borgardt in seiner unnachahmlichen Art anlässlichder 2. Kohlspeisung der August-Kohlmann-Bruderschaft am 14. Februar 2003 im legendären "Bahnhof-Hotel" zu Bremervörde

Es ist ein warmer Sommerabend Ende Juli 1817 im königlich-hannoverschen Flecken Bremervörde. Vor und in der Gastwirtschaft von Dietrich Christian Kohlmann in der Neuen Straße 105 sitzen einige Gäste und genießen den ausklingenden Tag.

Kohlmann selbst hält einen Humpen Bier in der Hand und schlürft das Nass genüsslich zu dem Schnaps, den er selbst gebrannt hat. Seit er 1807 in diese Stelle eingeheiratet hat, ist er nebenbei auch noch als Brenner tätig. Der leichte Alkohol-Genuss, die warmen Temperaturen und die friedliche Ruhe lassen in Kohlmann ein Gefühl der Zufriedenheit aufkommen.

Um dieses Glücksgefühl weiter zu erhöhen, nimmt er, nachdem die letzten Gäste gegangen sind, seine Frau Catharina, geb. Cammann, mit der er in zweiter Ehe seit fünf Jahren verheiratet ist, in den Arm und geleitet sie ins eheliche Schlafzimmer im Obergeschoss des Hauses.

Das Ergebnis dieser glücklichen Stunde erblickt am 29. April des Jahres 1818 das Licht der Welt. Es ist ein Mittwoch als der gesunde Knabe um vier Uhr nachmittags im Hause seiner Eltern geboren wird. Zehn Tage später, am Freitag, den 8. Mai werden dem Kind bei der Taufe die Vornamen August und Christian gegeben.

Die im Kirchenbuch verzeichneten Taufpaten geben einen Eindruck davon, in welchem gesellschaftlichen Umfeld die glücklichen Eltern von August Kohlmann verkehren:

Da wird zunächst August Christian Cammann erwähnt, der Pastor in Oerel ist. Der gleiche Name, der uns als Geburtsname der Mutter begegnet. Der Pastor dürfte ihr Bruder sein.

Als zweiter Pate ist Jürgen Christian Kohlmann aufgeführt, dessen Beruf mit der Bezeichnung „Geometer“ vermerkt ist. Der staatliche Landvermesser und Steuerkontrolleur dürfte ein Großonkel des Täuflings, also ein Cousin des Vaters sein.

Die weiteren Taufpaten sind Kaufleute in Bremervörde, nämlich Johann Rolfs und Johann Rodenburg. Nachfahren dieser beiden Familien werden bei den Schützen Ämter übernehmen, wie auch der Täufling selbst. Doch davon später.

Ostern 1824, August Kohlmann ist noch nicht ganz sechs Jahre alt, da nimmt die bis dahin unbeschwerte Kindheit ein jähes Ende. Zum einem verstirbt sein Bruder Johann Dietrich, der gerade ein Jahr alt geworden ist. Zum anderen: es geht zur Schule.

Bremervörde hat zu dieser Zeit ein Schulgebäude, das 1816 aus Kirchenmitteln errichtet wurde und in der Kirchenstraße gegenüber dem Pfarrhaus am Eingang zum Friedhof liegt. In diesem Gebäude sind zwei Schulen untergebracht, die so genannte Kantorschule und die weiterführende höhere Rektorschule.

August Kohlmann besucht die Kantorschule acht Jahre, bis zu seiner Konfirmation im Jahre 1832. Dann, im Alter von 14 Jahren, wird er auf die Rektorschule wechseln oder in eine Lehre gehen; der Chronist hat hierzu keine konkreten Anhaltspunkte.

Es gibt allerdings nachvollziehbare, familiäre Veränderungen: zwei Jahre später, im Februar 1834 verstirbt sein Vater an der Auszehrung, wie die Krankheit Tuberkulose damals bezeichnet wird. August ist noch nicht ganz 16 Jahre alt. Mehr Licht in seinen weiteren Lebenslauf bringt erst wieder das Jahr 1843. August Kohlmann ist 25 Jahre alt und betreibt in seinem Elternhaus die örtliche Posthalterei.

Kohlmann steht im besten Mannesalter. Seit einiger Zeit unterhält er deswegen eine innige, aber züchtige Beziehung zum anderen Geschlecht. Seine Auserwählte heißt Elise Juliane, ist 27 Jahre alt und Tochter des Bremervörder Bürgers Johann Heinrich Jüssow und dessen Frau Anna geb. Schade. Jüssow betreibt seinen Krämerladen an der nordöstlichen Ecke der Brunnen- und der Alten Straße.

Seine Mutter ist auch schon verstorben, als August Kohlmann mit der „Jungfrau“ Elise Jüssow am Dienstag, den 16. Mai 1843 im Hause „copuliert“ wird.(Der Chronist merkt an dieser Stelle an, dass mit „Jungfrau“ kein Sternzeichen gemeint ist, sondern lediglich eine vorher noch nicht verheiratete Frau; und, dass „copuliert“ eine verbliche, manchmal auch verbale Form der „Copulation“, der Verehelichung ist.)

Bei Kohlmanns ist es eine reine Liebeshochzeit, da sie nicht nachweislich durch eine Leibesfrucht ausgelöst wird.

Mit der gleichen Hingabe und Freude - wie sein persönliches Eheglück - sieht August Kohlmann das sich entwickelnde Schützenwesen in Bremervörde. Fast zeitgleich mit der Eheschließung wird er Gründungsmitglied der Bremervörder Schützengesellschaft.

Bevor er sich dort aber als Verantwortlicher für irgendwas zur Verfügung stellt, versuchen er und seine Frau die Bevölkerungszahl des Fleckens Bremervörde zu erhöhen. Das gelingt ihnen für heutige - und wohl auch damalige - Verhältnisse recht ordentlich: Im Juni 1844 wird mit Tochter Anna ihr erstes Kind geboren. 22 Monate später folgt Auguste und wiederum 18 Monate später, Ende Oktober 1847, erblickt Charlotte das Licht der Welt.

Die Kohlmanns legen jetzt offensichtlich eine wohlverdiente Verschnaufpause ein, denn es verstreichen fast sechs Jahre bis, Anfang Juni 1853, die vierte Tochter mit den Namen Elise Juliane geboren wird. Damit ist die „Familienplanung“ abgeschlossen.

Das Geschäft der Posthalterei nimmt einen wirtschaftlich positiven Verlauf. August Kohlmann kann sich im Alter von 35 Jahren wichtigeren Dingen zuwenden; nämlich den Schützen der Stadt, was Bremervörde seit einem Jahr ist.

Beim Schützenfest des Jahres 1855 gelingt es Kommandeur Ludwig Rodenburg, Müllermeister und Inhaber der Mühle am Hafen, den Rumpf von der hohen Stange zu schießen und König der Bremervörder Schützen zu werden. Rodenburg, der zu diesem Zeitpunkt 60 Jahre alt ist, nutzt die Gunst seines Königsjahres: in der Mitgliederversammlung im November 1855 lehnt er die Wiederwahl für eine weitere Dienstzeit von drei Jahren als Kommandeur ab.

Die Versammlung wählt den 37jährigen Posthalter August Kohlmann zu seinem Nachfolger. Er übernimmt die Führung der Schützengesellschaft und den Vorsitz im Vorstand. Neben ihm gehören dazu: Bürgermeister Albrecht als Präsident, Kaufmann Heinrich Desebrock als Patron und Chirurg Ernst Langner als Schaffner. Der zweite Schaffner und der Hauptmann der östlichen Kompanie sind nicht bekannt, wohl aber Kaufmann Carl Jüssow als Hauptmann im Westen. Jüssow müsste ein Bruder von Kohlmanns Frau, also sein Schwager sein.

Kohlmann führt die Gesellschaft gerade im zweiten Jahr, als ihm am Nachmittag des 21. Juli 1857 der glückliche Königsschuss gelingt. Anders als sein Vorgänger im Amt des Kommandeurs, hat der jetzt 39-Jährige allerdings keine Chance, diesen Posten wegen der Doppelfunktion nieder zu legen: seine drei jährige Dienstzeit ist nämlich noch nicht beendet.

Dennoch scheint 1857 ein Glücksjahr für August Kohlmann zu sein. Im Februar verkauft er die beiden nebeneinander liegenden Vollbürgerstellen 160 und 161 in der Kirchenstraße an Peter Rötting. Das Anwesen gehörte bis zu dessen Tod im Jahre 1817 dem Königlichen Moorkommissar Diedrich Kohlmann. Sein einziger überlebender Sohn, der Geometer Jürgen Christian Kohlmann, wird ein Jahr später Pate bei der Taufe von August. Dass der Verkauf des jetzt geerbten Anwesens als Motivation für den Königsschuss von August Kohlmann dient, ist reine Spekulation.  

Im nächsten Jahr führt an Stelle des Schützenkönigs und Kommandeurs der neue Patron, Kaufmann Hövet, die Schützen aus der Stadt zur Walkmühle. Ein weiter Weg, wenn man bedenkt, dass die Schützen vorher schon einen Marsch durch die Neue Straße, die Dammstraße, Alte Straße und den Großen Platz gemacht haben.

Aber es ist nicht nur ein weiter Weg zur Walkmühle. Vor jedem Schützenfest muss die Obrigkeit „untertänigst“ um Genehmigung gebeten werden. Der Antrag geht über den Magistrat der Stadt an den Königlichen Forstmeister, der wiederum die Königliche Domänenverwaltung in Hannover befragen muss. Es ist verständlich, dass die Schützen nach kürzeren Wegen, aber besonders nach einem eigenen Gelände streben. Doch ganz so weit ist es noch nicht.

August Kohlmann ist zunächst einmal die „Zettelwirtschaft“ seines Adjutanten leid. Nach der Mitgliederversammlung im November 1860 ordnet er an, dass die Namen der Schützen in einem Buch festgehalten werden. So entsteht die Stammrolle des „Bremervörder Schützen-Corps“, in der seitdem alle Mitglieder mit ihren jeweiligen Dienstzeiten im Vorstand oder bei den Chargierten fest gehalten werden.

Das dicke Buch ist inzwischen voll. Mehr als ein Jahrhundert hat es Dienst getan und ist heute das Nachschlagewerk, wenn es um die Geschichte unserer Gesellschaft geht. Gelistet sind fast 2.000 Namen der Ehrenmitglieder, der Inaktiven und der normalen Schützen.

Die alte Stammrolle der Schützen wird auf Initiative von Kohlmann am 2. Weihnachtstag 1860 begonnen. Es ist ein historisches Datum. Die Schützen feiern ihren Königsball im Gasthof Rötting (heute Ludwig-Harms-Haus) und August Kohlmann kann den Teilnehmern eine zum Weihnachtsfest passende frohe Botschaft überbringen: Georg V. König von Hannover haben geruht, dem Antrag des Vorstandes zuzustimmen. „Seine Majestät unser Allergnädigster König“ sind einverstanden, Ehrenmitglied der Bremervörder Schützen zu werden. „Vivat!“

Das vielleicht größte gesellschaftliche Ereignis im Bremervörde des 19. Jahrhunderts, bestimmt aber im Leben von August Kohlmann folgt anderthalb Jahre später. Georg V. besucht das Gebiet zwischen Elbe und Weser. Auf seinem Weg vom Dobrock nach Stade soll ihn der Weg durch Bremervörde führen. Aus diesem Grund wird das Schützenfest des Jahres 1862 um zwei Wochen vorverlegt.

Am Dobrock werden vier Rappen des Bremervörder Posthalters vor die königliche Kutsche gespannt. Als Georg V. mit seinem Gefolge die Stadt erreicht, begrüßt August Kohlmann seine Pferde mit einem anerkennenden Klaps. Als Kommandeur der Schützen ist er es, der den König unter einer Ehrenpforte am westlichen Ende der Stadt offiziell „Willkommen“ heißt.

Die Schützen in ihren langen dunkelgrünen Röcken des hannoverschen Jägerkorps stellen die Ehrenwache und eskortieren Georg V. zunächst zum Amtshaus in der Amtsallee. Dort überreicht der Regent an die alten Waterloo-Kämpfer des Landwehr-Bataillons Bremervörde Ehrenmedaillen zur Erinnerung an ihren Sieg von 1815.

Dann geht es weiter zum Horner Holz. Trotz strömenden Regens ist jung und alt, aus nah und fern auf den Beinen, um diesen denkwürdigen Tag mit zu erleben. Nach einiger Zeit verlässt der König seine Schützenbrüder auf dem Festplatz hinter der Walkmühle und fährt mit seiner Begleitung auf dem alten Handelsweg über Mulsum weiter nach Stade.

Wie schon bei der Begrüßung, ist es wieder August Kohlmann, der jetzt bei der Verabschiedung das Wort an seinen König richten darf. Welch ein Tag und welch eine Ehre für den Kommandeur der Bremervörder Schützen!

Kurz nach diesem historischen Besuch bietet sich den Schützen die Chance, eine eigene Schießanlage in der Stadt zu schaffen: Im Zuge der Besiedlung des Flurstücks „Hohe Worth“ waren bereits um 1840 Gelände östlich der Stader Chaussee zum Kauf angeboten worden. Zunächst wird ein Streifen entlang der Straße mit Wohnhäusern und daran anschließenden Gärten bebaut. Das östlich davon gelegene Gelände kauft der Bremervörder Arzt Dr. Langenbeck; vielleicht in der Hoffnung, dass es auch einmal Bauland werden könnte.

Der Chaussee-Aufseher Carsten Schomacker betreibt in seinem neu gebauten Wohnhaus an dem Handelsweg nach Stade bald eine kleine Gastwirtschaft, die er nach und nach vergrößert. Als er das Anwesen Ende 1851 aus gesundheitlichen Gründen verkaufen will, bietet er „sein vor Bremervörde belegenes Wohnhaus ‚Schützenhof’ genannt“ im amtlichen Stader Intelligenz-Blatt meistbietend an.

Die Schützen der 1843 gegründeten Gesellschaft müssen für den schießsportlichen Teil des Festes bis 1865 lange Wege zur Walkmühle auf sich nehmen. Gefeiert wird überwiegend in der Stadt; und ganz offensichtlich ist der Schützenhof ein fester Anlaufpunkt auf dem Weg zum Horner Holz und zurück.

Der Vorstand, besonders aber Kommandeur Kohlmann setzt sich Mitte der 60er Jahre dafür ein, das angrenzende Gelände von Dr. Langenbeck zu erwerben, um hier eine Schießbahn für die Schützengesellschaft einzurichten.

Johann Wessel, der nach verschiedenen Besitzern jetzt den Schützenhof betreibt, entschließt sich, an seine Gastwirtschaft einen Saal anzubauen und dem gesamten Anwesen den offiziellen Namen „Schützenhof“ zu geben.

Wie aber soll die noch junge Schützengesellschaft den Kaufpreis von 6.000 Mark für ihr Gelände aufbringen? Ganz einfach, man leiht sich das Geld bei den Mitgliedern. Insgesamt werden 80 Schuldverschreibungen zu je 75 Mark ausgegeben, so genannte „Aktien“. Die Geldgeber zahlen den Betrag in die Kasse der Gesellschaft ein und erhalten dafür eine jährliche Verzinsung von 4%. Die Aktien sind nummeriert und auf jeder Mitgliederversammlung im Herbst werden zwei davon ausgelost und an die Besitzer zurückgezahlt.

80 Aktien geteilt durch zwei pro Jahr, ergibt eine Laufzeit der Finanzierung von 40 Jahren. Da es damals so gut wie keine inflationären Entwicklungen gibt, bleibt der Wert der eingezahlten Beträge erhalten, auch wenn die Rückzahlung erst nach Jahrzehnten erfolgt. Eine vorzeitige Rückzahlung, etwa auf Bitten der Aktienbesitzer, ist nicht möglich. Um den Erwerber in Notzeiten aber nicht übermäßig leiden zu lassen, können die Aktien beliehen, verpfändet und auch verkauft werden.

1865 herrscht an der Stader Chaussee emsiges Treiben. Wessel baut seinen Saal, die Schützen richten eine Schießbahn ein und legen den Park an. Im nächsten Frühjahr ist alles fertig.

Im Namen des Vorstandes der Schützen schreiben Kommandeur August Kohlmann und Schaffner Georg Trentwedel am 17. Mai 1866 einen Brief und „ersuchen den wohllöblichen Magistrat gehorsamst, zur Benutzung (der Schießbahn) eine gewogentliche Genehmigung erteilen zu wollen.“

Der Magistrat wendet sich noch am gleichen Tag an den sachkundigen Forstmeister Münter und bittet ihn besonders die Frage zu beantworten, „ob das Schießen nach dem Vogel auf der hinter dem Schützenplatze aufzurichtenden Stange mit Rücksicht auf den öffentlichen Verkehr in dem fraglichen Teile der südlichen Feldmark bedenklich erscheint?“

Forstmeister Münter hat seine Stellungnahme noch nicht abgegeben, da wird deutlich, dass er sich noch ein wenig Zeit lassen kann. In diesem Jahr wird es kein Fest in Bremervörde geben.

Österreich, und damit verbunden, das Königreich Hannover unterliegen den Preußen am 3. Juli in der Schlacht bei Königgrätz. Preußische Truppen besetzen daraufhin die welfenfreundliche Stadt Bremervörde. Im Frieden von Prag wird aus dem seit 1814 bestehenden Königreich Hannover eine preußische Provinz; Georg V. geht ins Exil nach Paris. An ein Schützenfest ist nicht zu denken.

Auf der Generalversammlung im Herbst wird beschlossen, die Dienstzeit aller Vorstandsmitglieder und Chargierten ohne Wahlen um ein Jahr zu verlängern. Nach dem ausgefallenen Fest soll den Schützen „kein weiterer Nachteil“ durch eine Dienstzeitverkürzung entstehen. Schließlich muss ja auch der amtierende Schützenkönig, Färbermeister Johann Friedrich Dauber, ein Jahr länger auf seine drei tollen Tage warten.

Beim ersten Fest auf dem eigenen Gelände und im neu erbauten Saal des Schützenhofs wird Kürschnermeister Johann Nückel 1867 der erste Bremervörder König. Der erste Bremervörder, weil die Vorgänger eigentlich Hesedorfer waren. Die Schießbahn bei der Walkmühle lag nämlich in der Gemarkung Hesedorf.

1868, August Kohlmann ist in seinem 13. Jahr als Kommandeur tätig: endlich tritt im Vorstand etwas mehr Ruhe und damit Kontinuität ein. Die Posten des Patrons und der beiden Schaffner haben in diesen Jahren bereits jeweils dreimal gewechselt. Nur Kohlmann, jetzt 50 Jahre alt, hält tapfer durch. Er ist damit der Garant dafür, dass sich in Bremervörde eine Schützentradition entwickelt.

Eigenhändig sorgt er im Schützenpark dafür, dass alles sich nach seinen Plänen entwickelt. Fast täglich ist auf seinen Spaziergängen mit dem kräftigen Wanderstock im Park. Am Ende des Stocks befindet sich ein scharfes Messer in Form einer kleinen Sichel. Damit entfernt Kohlmann alle schädlichen Auswüchse an den jungen Bäumen. Der Schützenpark ist sein Ein und Alles.

Am 21. Juli 1874 krönt August Kohlmann seinen 19. und letzten König. Am Ende des Festes, das mit Schlachter Julius Leeser erstmals ein Vertreter der jüdischen Glaubensgemeinschaft als König feiert, werden Färbermeister Carl Wilkens die Königsinsignien vom Kommandeur überreicht.

Gegen Ende des Jahres 1874 wird August Kohlmann ernsthaft krank. Als Kommandeur der Schützen bleibt er im Amt, aber er muss die Posthalterei aufgeben. Sein Nachfolger Bernhard von Bötticher verlegt das Geschäft an den Großen Platz. Ende des 19. Jahrhunderts errichtet Kommerzienrat und Mühlenbesitzer Hermann Hagenah, ebenfalls ein langjähriger Kommandeur der Schützen, an gleicher Stelle ein prunkvolles Wohnhaus. Noch heute ist das Gebäude als „Hagenah’sche Villa“ bekannt.

Der Gesundheitszustand von August Kohlmann verschlechtert sich zusehend. Fünf Wochen nach seinem 57. Geburtstag, am Montag, den 7. Juni 1875 verstirbt er abends halb sechs an der Brustkrankheit, wie dem Eintrag im Kirchenbuch zu entnehmen ist. Vier Tage später, am Freitag, den 11. Juni wird der Kommandeur der Schützen unter großer Begleitung durch das Bataillon zu Grabe getragen.

Darüber, wie die Schützen das Andenken an August Kohlmann bewahren, gibt es aus den schriftlichen Unterlagen der Gesellschaft keine Nachricht. Es vergehen 27 Jahre, fast die Dauer einer Generation bis zur Generalversammlung am 18. November 1902.

Unter dem Punkt „Sonstige Anträge“ schlägt Gustav Rolka vor, dem Begründer des Schützenparks und seinerzeitigen Kommandeur August Kohlmann eine Gedenktafel oder ähnliches zu stiften. Die Versammlung wählt zu diesem Zwecke einen Ausschuss, dem drei Vorstandsmitglieder und drei Schützen angehören.

Ein Jahr später, auf der Mitgliederversammlung im November 1903, berichtet Julius Hudtwalker über die Aktivitäten wegen des Kohlmann-Denkmals. Als Sprecher der Kommission, die mit diesem Thema beschäftigt ist, erklärt er, dass schon etwa 1.000 Mark gesammelt worden sind. Man ist zuversichtlich, den Rest auch bald zusammen zu haben, damit die Enthüllung zum nächsten Schützenfest stattfinden kann.

Wann die Entscheidung getroffen wurde, an Stelle einer Gedenktafel nun ein Denkmal zu bauen, ist den Unterlagen der Gesellschaft nicht zu entnehmen. In der Mitgliederversammlung am 14. Juni 1904 gibt der Vorstand bekannt, dass die Einweihung des Kohlmann-Denkmals am ersten Tag des Schützenfestes stattfinden soll.

Als die Schützen am Sonntag, den 17. Juli 1904 nach dem Ausmarsch am frühen Nachmittag im Schützenpark ankommen, bilden sie zur Einweihung einen großen Kreis um das Rondell am neuen Denkmal.

Bürgermeister Isensee, seit einem Jahr im Amt und damit Präsident der Schützen, ist ebenso anwesend wie verschiedene Verwandte und Nachkommen von August Kohlmann und viele auswärtige Besucher des Schützenfestes. Bei herrlichem Sommerwetter wird das Denkmal mit der Büste August Kohlmanns feierlich eingeweiht.

Julius Hudtwalker erinnert an die Verdienste von August Kohlmann als Gründungsmitglied der Gesellschaft, Initiator des Schützenparks, Kommandeur der Gesellschaft und König des Jahres 1857/58.

Kohlmanns ältester Enkel, der Referendar Degener aus Hannover spricht den Dank der Familie aus und erwähnt dabei besonders die Spender „aus dem fernen New York und dem noch weiter entfernten San Francisco“ von wo namhafte Summen gekommen sind. Er fährt fort:

„Wenn unsere Schützen-gesellschaft wie bisher so auch ferner in Treue zusammen hält, wenn die alt bewährten Bremervörder Schützenfeste wie bislang so auch in Zukunft in trauter Harmonie und echt deutscher Fröhlichkeit gefeiert werden, dann wird die Schützengesellschaft nach dem Sinne des hier hoch Geehrten (August Kohlmann) fortleben, ihm zur Ehre, allen Bremervördern zur Freude. – Das hoffen und wünschen wir alle.

Lassen Sie uns diesem Wunsche Ausdruck verleihen; ich bitte sie daher, meine geehrten Herrschaften, mit mir einzustimmen in den Ruf: die Bremervörder Schützengesellschaft lebe Hoch!!“

In der Mitgliederversammlung im November 1904 ergreift Patron Jüssow das Wort und berichtet von einem Dankschreiben des Bremervörder Vereins in Brooklyn. Worauf sich der Dank bezieht, wird nicht erwähnt. Auf jeden Fall ist die enge und langjährige Beziehung der Schützen zum Verein deutscher Auswanderer in den Vereinigten Staaten hiermit dokumentiert.

Festgehalten wird in der gleichen Mitgliederversammlung die Abrechnung des Denkmals für den Begründer des Schützenparks. Die Einnahmen und Ausgaben werden vom Patron mit 1.410,95 Mark beziffert, was darauf schließen lässt, dass aus dem laufenden Haushalt hierfür nichts verwendet wurde.

Zurück zu August Kohlmann und seiner Familie: seine Frau überlebt ihn um 23 Jahre; sie verstirbt im August 1898. Und, in der Bremervörder Zeitung vom 5. Mai 1933 gibt es die letzte Nachricht über die Familie Kohlmann in Bremervörde: am 3. Mai verstirbt Fräulein Charlotte Kohlmann im Alter von 85 Jahren. Sie ist Kohlmanns dritte Tochter und die letzte Trägerin des mit dem Schützenpark verbundenen Namens in der Stadt.

Für den Chronisten ist der Namenspatron unserer ehrbaren „August-Kohlmann-Bruderschaft“ jetzt nicht mehr nur der Kommandeur mit der längsten Dienstzeit und der Initiator des Schützenparks sondern auch ein „Bremervörder Bürger“.

 

Der Vortragende, Bruder Borgardt, behält sich vor, diese Abhandlung auf Grund noch laufender Recherchen permanent zu